(Deggendorfer Zeitung vom 14.08.2020)
Trotz jüngster Vorfälle ist Baden in der Donau beliebt – Allerdings sind die Leute vorsichtiger
Tödliche Badeunfälle
Trotz tödlicher Badeunfälle ist Baden in der Donau beliebt. Allerdings sind die Leute vorsichtiger, sagt Rudolf Ertl vom BRK-Kreisvorstand Deggendorf. Doch: „Die Donau ist kein Badewasser.“
Es ist schon idyllisch: Das Ufer ist mit Sand aufgeschüttet, Kinder spielen im Wasser und auch manch Erwachsener erfrischt sich bei über 30 Grad in der Donau. Im Hintergrund ein Boot, das friedlich im Wasser schaukelt, daneben saust ein Jetskifahrer vorbei. Fast vergessen ist bei dem Anblick, dass nur ein paar Meter weiter vor zwei Wochen ein 23-jähriger Mann ertrunken ist.
„Wie ist denn das eigentlich passiert“, fragt Vera Langer aus Metten. Sie sitzt am Ufer, unter der Autobahn, in der Nähe der Stelle, wo der junge Mann aus Mali vom Wasser verschlungen wurde, und kann sich das gar nicht vorstellen. „Es ist so ein schöner Platz“, findet die 64-Jährige. Baden geht sie in der Donau aber nicht. „Ich komme nicht oft hierher, nur, wenn ich auf die Hunde aufpasse.“ Vera Langer kommt aus Metten. Aber auch dort meidet sie den Fluss. „Viele baden aber dort mit ihren Kindern.“
Eltern passen auf ihre Kinder auf
Ein bisschen entfernt von ihr spielen am „Donau-Strand“ die zwei Kinder der Familie Stärker aus Böbrach bei Bodenmais im Wasser. Die Größere springt hinein, die Kleine, die gerade einmal wacklig alleine stehen kann, freut sich übers Steine fischen. Beide Eltern stehen dabei und passen auf, dass die Kleinen am Ufer bleiben. „Wir sind selten hier“, sagt Mutter Kathleen. Die 38-Jährige weiß um die Gefahren der so friedlich aussehenden Donau. „Klar sind wir vorsichtig, wenn sie hier spielen. Allein im Wasser lassen geht da nicht.“
Auch einige andere Kinder planschen im Wasser. Daneben steht aber immer eine Aufsichtsperson. Dass das aber nicht immer so ist, wissen alle, die öfter an der Donau sind. Zwar schwimmt gerade niemand, manch einer sitzt aber in Badehose oder Bikini da.
Viola Schlosser (54) zum Beispiel war schon in der Donau. „Ich schwimme schon, allerdings nur am Rand“, sagt die Deggendorferin, die früher Leistungsschwimmerin war. „Weiter raus oder ans andere Ufer muss wirklich nicht sein, es ist gefährlich und es passiert oft etwas. Die Strömung ist stark hier.“
Vierjähriger in Osterhofen ertrunken
Auch in Metten an der Donau ist einiges los. „Ahh ja, da vorne seh’ ich schon: Alles voll geparkt“, sagt Rudolf Ertl vom BRK-Kreisvorstand. Es ist halb fünf Uhr Nachmittag. Er fährt im weißen Wasserwachtauto den staubigen Feldweg entlang und verschafft sich erst einmal einen Überblick. Er parkt, steigt aus und geht Richtung Donau-Strand. Was er erblickt sind Kinder, die im Wasser herumtollen. „Geht’s euch gut“, ruft er ihnen zu. „Ja“, antworten zwei patschnasse Jungs und grinsen.
„Schlecht wird mir zwar nicht gleich, wenn ich das sehe, aber ich habe ein ungutes Gefühl“, sagt Rudolf Ertl. Und das nicht nur, weil vergangene Woche ein Bub in Osterhofen ertrunken ist oder weil er in 25 Jahren als Taucher beim BRK schon öfter bei Leichenbergungen aus der Donau dabei war. „Es passiert einfach so schnell“, sagt er. „Die Kleinen spielen und währenddessen treiben sie immer weiter raus.“ Besonders zwischen den Buhnen in Metten sei das tückisch. „Dazwischen ist wenig Strömung, es ist seicht“, erklärt er, „dahinter fällt der Untergrund abrupt steil ab und die Strömung reißt die Kinder mit. Dann sind sie weg.“ Genau das ist im vergangenen Jahr auch einem Familienvater zum Verhängnis geworden. Einem Erwachsenen.
Ertl: „Die Donau ist kein Badewasser“
Zum Glück stehen etwas weiter entfernt von den Wasserratten die Mamas parat. Als Rudolf Ertl sie sieht, ist er beruhigt. Zum Ende der Buhnen ist jetzt allerdings ein junger Mann vorgegangen. Er blickt umher, ganz gelassen und genießt das kühlende Wasser an den Beinen. „Da steht schon einer“, ruft Rudolf Ertl und zeigt auf ihn. Seine Alarmglocken gehen los. Nach einer Weile verzieht sich der Bursche aber wieder ans Ufer.
„Die Donau ist kein Badewasser“, sagt Rudolf Ertl. Aber natürlich kennt auch er die Realität. „Da brauchen wir gar nicht reden“, sagt er. „Aber ich habe schon das Gefühl, dass die Leute nach den jüngsten Vorfällen besser aufpassen. Die Frage ist, wie lange es anhält.“ Das Verheerende sei, dass die Leute die Geschwindigkeit, die Sogwirkung, an Brückenpfeilern oder Bojen entstehende Wirbel und das, was sich im Untergrund der Donau befindet, unterschätzen. „Außerdem wollen die meisten in Wassernot gegen den Strom anschwimmen, was enorm Kraft kostet. Die Leute werden dann panisch. Viel besser ist es, sich mittreiben zu lassen und in einem Bogen an das Ufer zu schwimmen.“ Leider könnten die Menschen immer weniger gut schwimmen. Vor allem bei Personen aus anderen Ländern beobachtet er das. „Bei ihnen kommt noch hinzu, dass sie das Gewässer nicht gut einschätzen können. Das wird ihnen zum Verhängnis.“
Mehr los an der Donau als sonst
Insgesamt sei an der Donau dieses Jahr mehr los als sonst. Ob mehr passiert, kann er nicht sagen. „Die Saison ist gerade losgegangen, das müssen wir abwarten“, findet Rudolf Ertl. Verhindern könne man solche Vorfälle am besten miteinander. „Einfach die Leute ansprechen oder aktiv werden, wenn einem etwas auffällt.“ Und bei Kindern empfiehlt er eine gute Schwimmweste.
Was den Deggendorfer Donau-Abschnitt angeht, fügt Rudolf Ertl noch an: „Die Strömung dort ist stärker, als in Metten, weil der Fluss dort enger ist.“ Und die Stelle an den Autobahnpfeilern sei aufgrund der Wirbel dort besonders gefährlich.- Barbara Eisenhut
Artikel aus Deggendorfer Zeitung vom 14.08.2020